Integration, Zugehörigkeit, Extremismus: Spannungsfelder des Zusammenlebens

v. l. n. r. ÖIF-Direktor Franz Wolf, Dr. Ahmad Mansour, Moderatorin Ulli Enzinger und Landesrat Hannes Amesbauer © Olha Soldatenko/ÖIF

Landesrat Hannes Amesbauer richtete Begrüßungsworte seitens des Landes Steiermark an die über 150 Gäste. © Olha Soldatenko/ÖIF

Ulli Enzinger (ORF Steiermark) und Dr. Ahmad Mansour beim Podiumsgespräch © Olha Soldatenko/ÖIF
Am 19. Mai lud der Österreichische Integrationsfonds (ÖIF) zu einer hochkarätig besetzten Podiumsdiskussion in Graz. Unter dem Titel „Integration, Zugehörigkeit, Extremismus - Spannungsfelder des Zusammenlebens“ diskutierte der renommierte deutsch-israelische Psychologe und Extremismusexperte Ahmad Mansour gemeinsam mit Ulli Enzinger (ORF Steiermark) über aktuelle Herausforderungen und Chancen im Integrationsprozess. Über 150 Personen folgten der Einladung zur Veranstaltung und beteiligten sich engagiert an der Auseinandersetzung mit wesentlichen Fragen des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Der Direktor des ÖIF, Franz Wolf, und der steirische Integrationslandesrat, Hannes Amesbauer, eröffneten den Diskussionsabend.
Was hält unsere Gesellschaft im Innersten zusammen?
Was hält unsere Gesellschaft im Innersten zusammen – und wie beeinflusst Zuwanderung unser tägliches Zusammenleben? Diese zentrale Frage bildete den Ausgangspunkt für ein spannendes Gespräch über aktuelle Herausforderungen und Spannungsfelder der Integration: Kulturelle Unterschiede, Identitätsfragen, patriarchale Strukturen sowie die Gefahren von Radikalisierung und Extremismus. Ahmad Mansour beleuchtete, wie gesellschaftliche Werte durch Migration im Wandel stehen und welche Rolle Zugehörigkeit in einer demokratischen Gesellschaft spielt.
Radikalisierung im Netz: Mansour warnt vor den Folgen digitaler Aufwiegelung
Ahmad Mansour richtete einen eindringlichen Appell an das Publikum: Die zunehmende Radikalisierung im digitalen Raum stelle eine der größten gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit dar. Soziale Netzwerke und digitale Plattformen seien längst nicht mehr bloß Rückzugsorte extremistischer Randgruppen, sondern entwickelten sich – getrieben von algorithmischen Mechanismen – zu gefährlichen Treibern gesellschaftlicher Spaltung mit weitreichender, auch globaler Wirkung. Besonders besorgniserregend sei laut Mansour die Situation in den Vereinigten Staaten: Dort habe sich durch digitale Echokammern eine Infrastruktur gebildet, die radikale Inhalte mit großer Reichweite und Geschwindigkeit in die Mitte der Gesellschaft transportiere. Auch Europa sei zunehmend von dieser Dynamik betroffen. Junge Menschen, die ihre Informationsquellen fast ausschließlich aus dem Internet beziehen, würden dabei zur besonders gefährdeten Zielgruppe.
„Wir müssen endlich begreifen, dass die Mehrheit – nicht nur Muslime, nicht nur Flüchtlinge, sondern vor allem junge Menschen – ihre Weltbilder heute im digitalen Raum formen.“
– Ahmad Mansour
Schulen seien laut Mansour zentrale Orte, um dieser Entwicklung aktiv entgegenzuwirken. Sie müssten nicht nur Wissen und Werte vermitteln, sondern auch digitale Kompetenzen stärken, um junge Menschen gegen Desinformation, ideologische Verführung und Online-Extremismus zu wappnen. Nur durch kritisches Denken, fundierte Aufklärung und klare Haltung könne den manipulativen Kräften des Netzes etwas entgegengesetzt werden.
Über Ahmad Mansour
Ahmad Mansour ist ein deutsch-israelischer Psychologe, Autor und gefragter Experte für Integration und Extremismusprävention. Er setzt sich seit vielen Jahren für eine offene, demokratische Gesellschaft ein und engagiert sich insbesondere gegen Antisemitismus, patriarchale Weltbilder und religiös begründeten Extremismus. 2018 gründete er eine eigene Initiative zur Demokratieförderung, die in Schulen, Justizvollzugsanstalten und sozialen Einrichtungen tätig ist. Seine Bücher, darunter das 2022 erschienene Werk „Operation Allah“, stoßen sowohl auf breite mediale Resonanz als auch auf gesellschaftspolitische Relevanz. Für seine Arbeit wurde Mansour mehrfach ausgezeichnet, zuletzt mit der Ehrendoktorwürde der Universität Basel.